Petar Tomić

Novinar između dva veka

Biografsko-bibliografske beleške

Zusammenfassung

Der Sammelband widmet sich Petar Tomić (1949-2024), einem jugoslawischen Journalisten und einzigartigen Chroniker europäischer und globaler Krisen am Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Das Buch präsentiert Petar Tomić aus unterschiedlichen Perspektiven: sowohl als herausragenden Journalisten und Vertreter jener Zeit gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Transformation in Europa wie auch als Privatperson und Familienmenschen.

Als biografisch-bibliografisches Sammelwerk konzipiert beginnt das Buch mit einem Beitrag über das Leben und insbesondere den beruflichen Weg von Petar Tomić. Jeweils historisch kontextualisiert werden dabei die wichtigsten Stationen beschrieben, die er als Journalist durchlaufen war: vom Rundfunk und Fernsehen, über die neue gerade entstehende mehrsprachige Jugendpresse in der Vojvodina in den 1970er Jahren bis hin zum Agenturjournalismus und der einzigartigen Schule der jugoslawischen Presseagentur Tanjug sowie schließlich seine Zeit als außenpolitischer Redakteur der größten regionalen Tageszeitung in der Vojvodina Dnevnik.

Während dieser erste einführende biografische Teil in Form von teilweise ausführlichen Zitaten bewusst die wenigen Selbstdarstellungen von Tomić anführt und ihm somit in besonderer Weise eine Stimme verleiht, enthält der zweite Teil Erinnerungen seiner Familie und Freunde. Die Beiträge der Ehefrau Nada Tomić und der Söhne Đorđe und Nikola sowie die kurzen Aufzeichnungen einiger engerer Freunde schärfen den Blick auf Petar Tomić als Familienmenschen.

Petar Tomić war in vielerlei Hinsicht ein herausragender Journalist. Dieser Aspekt wird im dritten Teil des Sammelbandes behandelt, der ihn als Akteur des jugoslawischen Journalismus betrachtet und dabei insbesondere auf seine Arbeit seit Ende der 1980er Jahre fokussiert: als Korrespondent der jugoslawischen Presseagentur Tanjug in Bukarest berichtete er 1989 als erster über die Revolution 1989 in Rumänien und das Ende des Regimes Ceaușescu. Gleich zwei Beiträge sind dieser Zeit des Umbruchs gewidmet. Der erste ist das Interview, welches Tomić seinem Kollegen Mihal Ramač unmittelbar nach den Ereignissen im Dezember 1989 gab, und das ursprünglich in der Novisader Zeitschrift Stav publiziert wurde. Der zweite Beitrag von Vojislav Lalić, Tomićs früheren Kollegen aus seiner Zeit bei Tanjug, schildert die Revolution in Rumänien knapp 15 Jahre später und ist entsprechend durch neuere Deutungen dieser Zeit angereichert. Ebenfalls an Tomićs Zeit in Bukarest erinnert der Beitrag seines Kollegen János Kokes, der im selben Zeitraum als Korrespondent der tschechoslowakischen Presseagentur ČTK in Bukarest arbeitete, sein erster Nachbar war und einer seiner engsten Freunde wurde. Den Abschnitt ergänzen zwei Beiträge von Petar Tomić selbst. Beim ersten, bislang unveröffentlichten Artikel handelt es um Tomićs einziger Darstellung seiner Zeit als Tanjug-Reporter im Kroatien-Krieg zu Beginn der 1990er Jahre. Im Text, den er gut 20 Jahre später verfasst hatte, beschreibt er nicht nur die besonderen Herausforderungen des Einsatzes von Journalisten in Kriegsgebieten, sondern setzt sich auch kritisch mit den jugoslawischen Kriegen auseinander und verurteilt die politischen Entwicklungen, die diese überhaupt möglich gemacht hatten. Ebenfalls kritisch und regelrecht kämpferisch-optimistisch wirkt auch Jahre später sein kurzer Bericht über den 1. Mai 2009, der abschließend in diesem Teil erneut veröffentlicht wird.

Der vierte Teil des Buches widmet sich den Ergebnissen Petar Tomićs journalistischer, aber auch publizistischer und wissenschaftlicher Arbeit und enthält die kommentierte Bibliografie seiner Werke. Angesichts Tomićs herausragender journalistischer Produktivität – diese ist vor allem im Kontext des Agenturjournalismus ohnehin kaum zu beziffern und angesichts der weitgehenden Anonymität des Autors sehr schwer zu erfassen – ist allein der Versuch, sämtliche Artikel eines Journalisten zusammen zu tragen, ein fast unmögliches Unterfangen, zumal Tomić in zwei Sprachen publizierte: serbokroatisch und rumänisch. Dieses Experiment wagte der Herausgeber des gesamten Sammelbandes Đorđe Tomić, der für die Sammlung, Bearbeitung und Gliederung der Werke sowie für das Verfassen der Kommentare sorgte, und somit eine einzigartige Dokumentation Petar Tomićs intellektueller Produktion hinterlässt.

Petar Tomić – Journalist, Auslandskorrespondent, Redakteur, Publizist, Literaturkritiker, aber auch Ehemann, Vater, Kollege, guter Freund und einer der letzten Vertreter des gesamtjugoslawischen Journalismus – bekommt mit dem vorliegenden Sammelband eine einzigartige historische Synthese seines Lebens und Werks, deren Wert weit über die reine Erinnerung an Tomić als Person hinausreicht. Diese umfassende Dokumentation stellt gleichzeitig einen wertvollen Beitrag zur europäischen und jugoslawischen Journalismus-, Sozial-, Politik und Alltagsgeschichte.